Die Mandantin erhält eine Abschrift, meldet sich empört und verlangt Berichtigung. Das wird selbstverständlich – allerdings kommentarlos – erledigt. Die Mandantin erhält lediglich eine Abschrift. Mehr nicht. Wie so häufig ist jetzt in der Akte „der (Fehler-) Wurm drin“. Die Mandantin erhält die erste Rechnung, die aber von einem falschen Verfahrenswert ausgeht, leider auch noch von einem zu hohen Wert. Diesmal entschuldigt sich der Anwalt schriftlich „für das Büroversehen“ und schickt die richtige Rechnung.
Muss sich ein Anwalt für derartige Fehler selbst entschuldigen? Reicht ein Brief aus, man bitte „das Büroversehen“ zu entschuldigen?
Antwort:
Fehlerkultur ist die Art und Weise, wie eine Organisation – hier das Anwaltsbüro – mit eigenen Fehlern umgeht. Wie Fehler betrachtet und bewertet werden und wie auf Fehler im Alltag reagiert wird, wirkt sich auf die Kanzlei in jedem Falle aus. Die eigenen Erfolge sprechen sich nicht so schnell herum, wie ein einmal begangener Fehler, jedenfalls dann, wenn er nicht aufgearbeitet wurde.
Eine ausdrückliche und schnelle Entschuldigung ist natürlich selbstverständlich und zwar durch den Anwalt selbst, nicht durch das Personal, auf das man nur selten derartige Fehler abwälzen kann. Auch Anwälte machen Fehler, hoffentlich erkennen sie ihre Fehler und lernen daraus. Wikipedia zitiert in dem Zusammenhang kluge Köpfe. Konfuzius: „Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.“ Horaz: „In Fehler führt uns die Flucht vor Fehlern.“ Und Cicero: „Jeder Mensch kann irren, aber nur Dummköpfe verharren im Irrtum.“ Soweit so gut. Deshalb geht doch nichts über eine persönliche Entschuldigung, am besten zumindest telefonisch.
Ich habe einmal den Gegner fehlerhaft wegen Unterhalt in Verzug gesetzt. Der Mandantin ist dadurch ein Schaden von ca. 3.000 Euro entstanden. Ich habe die Mandantin sofort angerufen, mich entschuldigt und ihr die Zahlung des Betrages angekündigt. Eine Zahlung wollte sie aber keinesfalls haben. Kompromissweise war sie schließlich bereit, die Hälfte des Betrages anzunehmen. Bei einer persönlichen Entschuldigung dankt der Mandant es seinem Anwalt und – verzeiht. Meistens bleibt er dem Anwalt auch weiterhin gewogen. Denn er weiß auch: Wir alle machen Fehler.
Ein Mitglied aus dem DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur gibt seine ganz persönliche Antwort. Wenn Sie es anders sehen: Schreiben Sie dem Ausschuss. Antworten werden im Anwaltsblatt veröffentlicht.