Das Bundesjustizministerium will die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) überholen. Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen sollen offensichtliche und vermeintliche Schwächen im anwaltlichen Berufsrecht beseitigt werden. Für Anwältinnen und Anwälte die wichtigste Neuerung wird sein, dass die allgemeine Fortbildungspflicht zukünftig von der Satzungsversammlung konkretisiert werden kann und bei Verstößen Geldbußen bis 2.000 Euro möglich werden. Zugleich wird mit dem Gesetz das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) europafest gemacht. Der am 4. Mai 2016 veröffentlichte Referentenentwurf mit seinen 249 Druckseiten soll nach den Plänen des Bundesjustizministeriums noch vor der Sommerpause des Bundestags zum Regierungsentwurf werden. Zuletzt war die BRAO aus dem Jahre 1994 – sieht man von der Regulierung des Syndikusanwalts zum 1. Januar 2016 ab – vor rund sieben Jahren 2009 vor allem durch ein modernes berufsrechtliches Verfahrensrecht aufgefrischt worden. Das RDG aus dem Jahre 2008 wird erstmals umfassender modernisiert.
Auch zutreffende Gesetzesnamen können in die Irre führen: Der Referentenentwurf trägt den Titel „Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“. Tatsächlich werden für das Anwaltsrecht und den Rechtsdienstleistungsmarkt die Änderungen bei den „weiteren Vorschriften“ größere Auswirkungen haben als die Änderungen bei den europäischen Rechts- und Patentanwälten, die auf die Neufassung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie zurückgehen. Die Umsetzungsfrist für diese Richtlinie ist bereits am 18. Januar 2016 abgelaufen.
Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot bei Outsourcing im Mandat
Mit dem Gesetz wird nicht nur die allgemeine Fortbildungspflicht der BRAO zur echten Berufspflicht aufgewertet. Zukünftig müssen Junganwältinnen und Junganwälte auch spätestens zum Ende des ersten Berufsjahres Kenntnisse im anwaltlichen Berufsrecht nachweisen. Richtungsweisend sind die Änderungen beim strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht und dem Beschlagnahmeverbot. In § 53a StPO sollen nicht mehr nur angestellte Berufshelfer, sondern alle im Mandat mitwirkenden Personen, also auch im Rahmen einer Beauftragung (Outsourcing) oder einer gemeinschaftlichen Berufsausübung (MDP), erfasst werden. Für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) sieht der Gesetzgeber eine Nutzungspflicht für alle Anwältinnen und Anwälte ab dem 1. Januar 2018 vor und schafft damit Rechtsklarheit. Außerdem bietet das Gesetz eine Lösung für Anwälte, die für mehrere Kanzleien arbeiten: Sie können weitere Kanzleien (mit weiteren elektronischen Anwaltspostfächern) einrichten. Die Mitgliedsrechte von Anwältinnen und Anwälten in ihren Kammern werden durch die Einführung der Briefwahl für den Kammervorstand gestärkt.
Der Entwurf bietet auch eher kleinteilige Regelungen: Die Aufbewahrungsfristen für Handakten werden ebenso geregelt wie das Aufhebungsverfahren für Beschlüsse der Satzungsversammlung oder die Zustellung von Anwalt zu Anwalt, deren Ausgestaltung der Satzungsversammlung überlassen wird (vgl. zur bisher fehlenden Satzungskompetenz BGH, AnwBl 2016, 70). Liberalisiert werden die Gestaltungsvorgaben für das Briefpapier von Anwaltsnotaren, die in überörtlichen Anwaltssozietäten tätig sind (siehe schon BVerfG, AnwBl 2005, 427).
Mit den Änderungen beim RDG reagiert der Gesetzgeber vor allem auf das EuGH-Urteil zu den Steuerberatern. Der EuGH hatte die Steuerberatung von den Niederlanden aus nach Deutschland erlaubt. (EuGH, AnwBl 2016, 167, siehe dazu Hellwig, AnwBl 2016, 201 und Weberstaedt, AnwBl 2016, 208). Das Rechtsdienstleistungsrecht wird jetzt unter Berücksichtigung der europäischen Dienstleistungsfreiheit modernisiert. Zugleich wird geregelt, wann Rechtsdienstleister eine Haftpflichtversicherung benötigen.