Seit Oktober 2015 gibt es Legalhead inzwischen. Das kleine Unternehmen ist bislang das einzige, das sich allein auf Anwälte spezialisiert. Die App „Truffls“ dagegen ist breiter aufgestellt und wirbt wohl nicht umsonst mit dem Hinweis auf die Erfolgsgeschichte von „Tinder“, dessen Gründer sich rühmt, mit seiner bewusst knapp gehaltenen Flirt-App schon unzählige Paare zusammengebracht zu haben. Dass das Angebot bei den Bewerbern einen Nerv trifft, liegt auf der Hand. Ganz selbstverständlich gehen Jura-Absolventen ins Internet, um sich auf den Online-Portalen nach offenen Stellen zu erkundigen. Und das Online-Angebot wird immer ausgefeilter, es erschöpft sich nicht mehr nur in simplen Stellenanzeigen. Inzwischen nutzen 40 Prozent der Jobsuchenden das Smartphone, wie die Studie Bewerbungspraxis 2015 der Universität Bamberg ergab. Hogan Lovells gehörte zu den ersten, die den Service von Legalhead ausprobierten. Offensichtlich mit Erfolg, denn die Kanzlei hat so schon zu Dutzenden von Kandidaten Kontakt aufgenommen und auch bereits einige Anwälte rekrutiert. Für Klaus Knoblauch, bei Hogan Lovells zuständig für das deutschlandweite Personalmarketing, ist es spannend, was sich in letzter Zeit im Recruiting getan hat – besonders wenn man bedenkt, dass sich in diesem Bereich lange nicht viel verändert hat. „Jetzt gibt es jedes halbe Jahr etwas Neues auf dem Markt.“ Getrieben wird diese Entwicklung besonders von dem „War of talents“. Vor allem die Wirtschaftskanzleien balgen sich um den Nachwuchs; der Pool an Bewerbern ist für ihre Bedürfnisse nicht groß genug. Das hat sich in den vergangenen Jahren erheblich auf die Einstiegsgehälter ausgewirkt, inzwischen sind Jahresgehälter von 100.000 Euro keine Seltenheit mehr. Jetzt muss man auf anderen Ebenen punkten. Bei der Schnelligkeit zum Beispiel.
Hoher Marktdruck
Claudia Trillig, Director Human Resources in der internationalen Großkanzlei Baker McKenzie, würde nur zu gerne wie ihre Kollegen in London ein Assessment-Center mit den Kandidaten abhalten. Doch das koste aus Sicht der Bewerber viel zu viel Zeit, bedauert sie. „Da ist der Marktdruck einfach zu hoch.“ Die Sozietäten seien sehr darum bemüht, die viel zitierten „High Potentials“ so schnell wie möglich kennenzulernen und in den Rekrutierungsprozess einzuladen, so dass Baker McKenzie in der Regel Bewerbern bereits nach einem Tag eine erste Rückmeldung auf die Bewerbung gibt und innerhalb weniger Tage ein persönliches Kennenlernen organisiert. Das ist für die Bewerber bequem, den Spielraum der Arbeitgeber engt dieser harteWettbewerb natürlich ein. „Wenn Kandidaten ein und denselben CV über Personalvermittler streuen können, wie wollen Sie dann die Kandidaten dazu motivieren, ihre Daten jedes Mal aufs Neue in ein völlig anders gestaltetes Online Tool einzugeben“, sagt Trillig.
Für die Arbeitgeberseite macht die App das Leben nicht immer angenehm. „Man bekommt ein wenig den Eindruck, dass manche Kandidaten sich mit diesen Apps etwas wahllos auf mehrere Kanzleien bewerben“, moniert Trillig. Kein Wunder, schließlich müssen sie dafür noch nicht einmal wissen, welche Rechtsgebiete die Sozietät überhaupt abdeckt – der Matching-Prozess übernimmt diese Aufgabe. Bei aller Euphorie über die neuen Möglichkeiten im Netz – wahr ist auch, dass viele Kanzleien noch sehr zurückhaltend damit sind, diesen neuen Weg zu beschreiten. Fragt man im Markt herum, hört man sowohl von Personalberatern als auch von Kanzleien selbst, in der traditionell gefärbten Branche sei man schlicht noch nicht so weit. Das mag damit zusammenhängen, dass einige Arbeitgeber auch den zusätzlichen Zeitaufwand fürchten, schließlich gibt es dann noch eine Stufe mehr im Bewerbungsprozess. Der Erstkontakt mag dadurch einfacher geworden sein, aber am eigentlichen Bewerbungsprozess ändert sich naturgemäß nur wenig.