
1990–1992
Ausbildung zur Redakteurin bei der Märkischen Oderzeitung, Frankfurt/Oder.
1992–1998
Jura-Studium an den Universitäten Bielefeld, Strasbourg und Heidelberg.
1998–1999
Masterstudium Internationales Wirtschaftsrecht (Cardiff University, Wales).
1998–2001
Referendariat (mit Station beim Internationalen Sportschiedsgericht in Lausanne).
2001–2005
Associate bei Jones Day, Frankfurt/Main.
1998–2005
Promotion im Internationalen Wirtschaftsrecht an der Universität Düsseldorf
2005–2010
Justiziarin, später Geschäftsführerin der Vermarktungsgesellschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (Darmstadt).
Seit 2011
Einzelanwältin der auf Sportrecht spezialisierten Kanzlei „Mit Recht im Sport“. Lehrtätigkeiten an der Accadis-Hochschule Bad Homburg, der IST Düsseldorf und der Universität Gießen/Sporthochschule Köln für Wirtschaftsprivatrecht, Sportrecht und Compliance.
Jakob hält viele Vorträge zu Europa-, Vertrags-, Arbeits- und Versicherungsrecht, aber sie bekommt auch zahlreiche Mandats-Anfragen von Vereinen, Verbänden, Ligen, Athleten, Trainern, Managern, Vorständen. Wirtschaftsunternehmen mit Bezug zum Sport brauchen Beratung, Hersteller und Vertreiber von Sportartikeln, Sponsoren oder Medien. Es ist kompliziert: viele Rechtsfragen wurzeln im privaten Recht der Sportvereine und -verbände, die wiederum eigene Satzungen und Ordnungen haben. Den größten Überblick verschaffen ihr dabei Fragen, die sich wie ein roter Faden durch ihr Leben ziehen: Was sind Fairness und Gerechtigkeit? Was ist ein gut verwalteter Staat? Wie sieht echte Rechtsprechung aus? Als sie 2011 ihre Kanzlei gründet, wählt sie einen Werbeclaim, der ihr Gebiet so gut wie möglich umfassen soll: „Mit Recht im Sport – Beratung & Management“. Ihre Kanzlei ist Ort des Rückzugs, der ihr Zeit gibt, die Fälle aufzuarbeiten. Zum direkten Gespräch fährt sie gern selbst zu ihren Klienten. „Die haben im Alltagsgeschäft kaum Zeit, weiß ich aus Erfahrung“. Sie reist zu Vereinen oder Einzelsportlern. Mit fast 100.000 Vereinen ist Sport das größte gesellschaftliche Subsystem in Deutschland. Er ist ein wesentlicher Motor der Volkswirtschaft, dessen Dimension die Europäische Union auf drei Prozent des Welthandels schätzt.
Die Verfahrensflut im Sportrecht beläuft sich auf jährlich etwa 400.000, deutlich mehr als die Anzahl der Verfahren vor Arbeits- und Verwaltungsgerichten. Anne Jakob braucht keinen Social Media-Auftritt, um an Mandate zu kommen. Die Szene der Sportrechtler ist noch klein, denn bisher war es für viele angehende Anwältinnen und Anwälte nicht attraktiv genug, im Sportrecht zu arbeiten. Das Sportrecht galt als schillerndes Rechtsgebiet, was sich auch daran zeigt, dass in der Satzungsversammlung die Arbeitsgemeinschaft Sportrecht lang und viel Überzeugungsarbeit leisten musste. Anne Jakob war der Ruf des Sportrechts egal.
Faszination Sportrecht
Jakob hat ihren Beruf aus keinem anderen Grund als innerer Motivation gewählt. Spätestens als sie am internationalen Sportgerichtshof in Lausanne ihr Referendariat absolviert, weiß sie, dass sie Anwältin im Sportrecht werden will. Hier entdeckt sie eine Welt, die sie fasziniert: Es geht um Transfergeschäfte im Fußball, Zulassungsstreitigkeiten, Nominierungsfragen, Dopingfälle. Einmal ist sie bei einem Schiedsverfahren mit Spielern der russischen Schachmeisterschaft dabei. „Den Anblick werde ich nie vergessen“, sagt sie und lächelt. Die Spieler kamen in Jogginganzügen und ließen sich von Edelhuren in Pelzmänteln begleiten. Manchmal sei das Geschäft wie ein Hollywood- Film. Nur in echt. Ihre Zeit in Lausanne empfindet sie als bereichernd, dennoch legt sie zunächst eine Zäsur im Sportrecht ein „um Erfahrungen zu sammeln.“ Fünf Jahre lang arbeitet sie als Rechtsanwältin für die Großkanzlei Jones Day in Frankfurt. Transaktionen im Unternehmensbereich, Fusionen, Unternehmenskäufe, Betriebsübergänge – all das findet sie so spannend, dass sie gleichzeitig in Internationalem Wirtschaftsrecht an der Universität Düsseldorf promoviert. Doch in der Kanzlei fühlt sie sich viel zu oft ausgebremst, auf lange Sicht kann sie sich nicht selbstverwirklichen.Nach und nach zieht es sie wieder zurück in den Sport.
Es ist 2005 als sie für den Deutschen Leichtathletik-Verband arbeitet. Als Leiterin der Anti-Doping-Koordinierungsstelle und externe Rechtsanwältin, bekommt sie gleich im ersten Jahr Einsicht in die Akten der ZERV. Obwohl sie viel über das Sportsystem in der DDR weiß, erkennt sie nun zum ersten Mal das ganze Ausmaß des Skandals. Je weiter sie in ihrer Karriere voranschreitet, desto mehr gelingt es ihr, diese Tatsache nicht einfach so hinzunehmen. Sie führt bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 in Berlin und 2011 auch in Daegu in Südkorea das Dopingkontroll-Management durch. Dabei trifft sie immer wieder auf Ungereimtheiten in den Leistungskurven einiger Sportler. „Wer seine Geschwindigkeit jahrelang ungefähr gleich hält und dann in kurzer Zeit um 12 Sekunden verbessert, ist auffällig“, sagt sie. Jakob ist nun an der Schnittstelle zu den Skandalen und bestimmt, wer kontrolliert wird. Sie deckt zahlreiche Verstöße auf. Manchmal bedrückt es sie mitzuerleben, wie Sportler versuchen, die Urin- und Blutkontrollen zu umgehen. Fast zehn Jahre lang ist sie Mitglied der Juristischen Kommission des Internationalen Leichtathletik-Verbandes und der Medizinischen und Anti-Doping-Kommission des Europäischen Leichtathletik-Verbandes.
Sie will mehr Verantwortung bei den Beteiligten, eine bessere Betreuung der Mandanten. Mit dem Fachanwaltstitel bekommen die Sportrechtler den nötigen Respekt der Kolleginnen und Kollegen in der Anwaltschaft, aber es geht ihr um noch mehr: Sie will ihr Wissen weitergeben. Eines, das sich weit mehr als auf Doping beschränkt: „Die Lektüre der ZERV-Akten damals haben mich zu einer der ersten Expertinnen auf dem Gebiet gemacht“, sagt sie, „Ich habe einen unfassbaren Einblick erhalten – aber ich halte mich nicht für ein Sprachrohr der DDR-Dopingopfer“. Sie habe in den letzten sieben Jahre hart dafür gekämpft, nicht nur als Dopingexpertin, sondern als Expertin im Sport- und Vereinsrecht wahrgenommen zu werden. „Was wesentlich mehr umfasst, und was mir auch gelungen ist“, bekräftigt sie. Die Dopingfrage lässt sie trotzdem nie ganz los. Sie kommt immer mal wieder auf, zum Beispiel in ihrer Funktion als Lehrbeauftragte an Hochschulen und Weiterbildungsinstituten.
Da steht sie oft vor angehenden Sportmanagern, die sich „nicht die Bohne für das Thema Doping interessieren“. Für die zukünftigen Manager liegen die Skandale um Radprofi Lance Armstrong oder Sprinterin Florence Griffith-Joyner weit zurück – die DDR ist eine Seite im Geschichtsbuch. Dass sie sich irren, begreifen die Studierenden spätestens am Ende einer Stunde mit Anne Jakob. Dann hat die Anwältin ihnen von den Blutwerten der Russen auf Wettkämpfen erzählt oder davon, dass Doping ein hochkomplexes System ist, mit dem mehr Umsatz gemacht wird als mit dem internationalen Drogenhandel. Dann, sagt sie, sei meistens Stille.