Anwalts­zukunft

Datenschutzrecht: Recht und Technik in Einklang bringen

Eine trendige Ansicht eines hohen Gebäudes des Deutschen Anwaltvereins mit grünem Glas

Gute Anwälte wissen heute schon, welche Probleme ihre Mandanten morgen haben werden – und wo junge Anwältinnen und Anwälte eine Zukunft haben. Anwaltsblatt Karriere hat hauptsächlich Vorsitzende der Arbeits­ge­mein­schaften im Deutschen Anwalt­verein gefragt. Lesen Sie hier die Berichte bzw. Interviews.

Anwaltsblatt Karriere im Interview mit Dr. Robert Selk, LL.M., München

1. Was hat den Tätigkeits­bereich von Anwältinnen und Anwälten im Bereich Datenschutzrecht in den vergangenen fünf Jahren am meisten geprägt?

Die letzte Novellierung des Bundes­da­ten­schutz­ge­setzes (BDSG) erfolgte 2009. Das führte zu Beratungs­bedarf bei Unternehmen. Das vor einigen Jahren noch diskutierte Beschäf­tigten-Datenschutz­gesetz dagegen verschwand in der Versenkung: Grund waren die Diskus­sionen um die EU-Datenschutz-Grundver­ordnung (EU-DS-GVO), auf die sich zuletzt alles konzen­trierte. Diese war die letzten Jahre dann auch eines der großen Themen. Seit Dezember 2015 liegt eine finale Fassung vor.

2. Was wird dieses Jahr das bestimmende Ereignis werden?

Wenn die EU-DS-GVO im Frühjahr verabschiedet wird, beginnt deren 2-jährige Umsetzungsfrist. Unternehmen haben dann sämtliche ihrer internen Prozesse, bei denen personen­be­zogene Daten verarbeitet werden, zu ermitteln und zu überprüfen, ob und wie diese anzupassen sind. Zwei Jahre sind dafür sehr knapp, da es nach der Überprüfung vor allem um die Umsetzungen auf operativer Ebene geht.

3. Wagen Sie eine Prognose: Wie wird der Tätigkeits­bereich für Anwälte im Bereich Datenschutzrecht in fünf Jahren aussehen?

Er wird sich deutlich in Richtung europäische Tätigkeit verschieben, wird aber auch ein Beratungsmarkt bleiben. Forensische Tätigkeit war bislang eher selten, was sich aber durch die Änderung des UKlaG, wonach bestimmte Datenschutz­verstöße von den Verbrau­cher­schutz­ver­bänden etc. verstärkt verfolgt werden können, ändern kann. Hinzukommt, dass die Datenströme interna­tionaler und globaler werden, ebenso wie die Datenmengen und Auswer­tungs­mög­lich­keiten – Stichwort „Big Data“ – und damit die Begehr­lich­keiten steigen. Insofern wird demGrundsatz „Datenschutz durch Technik“ eine weiter steigende Bedeutung zukommen: Schon jetzt ist das Datenschutzrecht ein stark techniklastiges Recht, wenn es etwa darum geht, die in einer Mobile App oder einem SAP System ablaufenden Datenver­ar­bei­tungen zu ermitteln und so zu verstehen, dass sie aufbereitet werden können. Datenschutzrecht Recht und Technik in Einklang bringen Interview mit Dr. Robert Selk, LL.M., München Die ohnehin schon enge Verbindung zur IT-Security, also der Datensi­cherheit, wird weiter steigen. Die EU nennt diese Verbindung „Privacy by design / by default“, also die Vorgabe, ein Produkt technisch so zu gestalten, dass es datenschutz­rechtlich von Anfang an „gut“ ist. Bei der Verarbeitung von Daten geht es zudem stets um Geschäfts­prozesse, die in Folge damit über das Datenschutzrecht reguliert werden. Es bleibt daher wichtig, Kenntnisse auch in diesem Bereich zu haben. Denn die rein rechtliche Prüfung eines Datenver­ar­bei­tungs­vorgangs ist das eine, für den Mandaten oft aber viel wichtiger ist, ihm zu sagen, wie er die datenschutz­recht­lichen Vorgaben in seinen Geschäfts­pro­zessen oder Produkten umsetzen kann.

4. Wo haben Berufs­an­fänger im Datenschutzrecht die größten Chancen?

Die Kombination aus Recht, Technik und Geschäfts­pro­zessen ist für die Anwalts­tä­tigkeit sicherlich nicht typisch. Sie sorgt zudem für persön­lichen Mehraufwand, da man sich nicht nur rechtlich, sondern auch in den anderen Bereichen zumindest in Grundzügen fortbilden muss. Genau dies stellt aber auch eine große Chance dar, da nicht jeder bereit ist, diesenWeg zu gehen. Spannend ist – da ein interes­santes Tätigkeitsfeld auch für Anwälte –, ob und wie der deutsche Gesetzgeber seinen Spielraum in der EU-DS-GVO ausnutzt, den betrieb­lichen Datenschutz­be­auf­tragten in der bisherigen Form des BDSG beizube­halten oder zu reduzieren.

5. Was vermitteln Studium und Referen­dariat nicht, was eine junge Anwältin oder ein junger Anwalt im Bereich Datenschutzrecht braucht?

Jede Universität setzt ihre Schwer­punkte anders. Es dürfte aber weiter so sein, dass der Datenschutz – wenn überhaupt – eher nur in Grundzügen zwingender Ausbil­dungs­inhalt ist. Schon die rechtliche Seite einer Ausbildung setzt damit ein hohes Eigenen­ga­gement voraus, sei es in Wahlfächern, im Rahmen eines Praktikums oder Selbst­studium. Dies gilt umso mehr für die technische und organi­sa­to­rische Seite, die naturgemäß nicht Inhalt einer juristischen Ausbildung ist.

Der Gesprächs­partner ist Rechts­anwalt und Mitglied des Ausschusses Informa­ti­onsrecht des Deutschen Anwalt­vereins.