Strukturbegeistert
Ausbilder Rechtsanwalt Dr. Tobias Nießen berichtet.
Dass er einmal Rechtsanwalt werden würde, daran bestand für Dr. Tobias Nießen nie wirklich ein Zweifel. „Es stand schon in unserer Abi-Zeitung“, erzählt der 39-Jährige, heute Partner von Flick Gocke Schaumburg (FGS) mit Schwerpunkt Arbeits- und Gesellschaftsrecht in Bonn. Durch seinen als Rechtsanwalt und Notar am Niederrhein tätigen Vater, sei er „von Hause aus geprägt“ und hatte Gelegenheit, sich den „Beruf seit frühester Kindheit anzuschauen“. Studiert hat Nießen in Bonn, Lausanne, Genf und Nimwegen. „Dort gab es einen internationalen Studiengang und ich wollte noch etwas Englischsprachiges vor dem,Freischuss‘machen“, erzählt er. Nach Bonn zog ihn seine heutige Ehefrau. Über Eigenrecherche, Kanzleirankings und Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis kam er zu FGS. Der Schwerpunkt der 1972 in Bonn gegründeten Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern liegt im Steuer- und Wirtschaftsrecht. Heute sind an sechs Standorten in Deutschland und in Repräsentanzen in Wien und Zürich insgesamt 104 Partner (davon 52 Equity- Partner) sowie rund 250 Mitarbeiter für Recht, Steuern und Wirtschaftsprüfung tätig. Die Kanzlei, die laut ihrer Website einen Schwerpunkt auf „steuerzentrierte Rechtsberatung“ für Unternehmen legt, zeichne sich vor allem durch einen teamübergreifenden „interdisziplinären Arbeitsstil“ aus, erklärt Tobias Nießen. Gut die eine Hälfte der Partner und Mitarbeiter bei FGS hat eine juristische Ausbildung, die übrigen einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund oder beides. Als Tobias Nießen 2005 dazu kam, so berichtet er, sei Arbeitsrecht bei FGS noch „vergleichsweise hemdsärmelig“ praktiziert worden. „Wir haben Großmandate teilweise jedoch nur bekommen, weil wir uns entschieden haben, das Arbeitsrecht auf höchstem Niveau mit anzubieten.“ Heute sind auf dem Gebiet allein sieben Mandatsträger – davon vier Partner – und mehrere wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt. Bei Umstrukturierungen im Konzerngeschäft bildet das Arbeitsrecht neben dem Gesellschafts- und Steuerrecht häufig eine tragende Säule. Das kollektiv-arbeitsrechtliche Themenspektrum, das Tobias Nießen und sein Team heute bearbeiten, beginnt bei tarifvertraglichen Auswirkungen von Fusionen und Umwandlungen, reicht über Betriebsvereinbarungen bis hin zu Fragen der Mitbestimmung. Daneben werden aber auch sämtliche Themen des Individualarbeitsrechts abgedeckt. „Ich muss als Arbeitsrechtler dabei die steuerlichen Probleme nicht selbst im Detail lösen“, erläutert Nießen, „aber im Sinne einesMehrwerts für denMandanten eine Antenne dafür haben, wo Probleme auftauchen könnten, wenn ein Unternehmen seine Strukturen in die eine oder die andere Richtung verändert.“ Hier Expertise aufzubauen, sei fester Bestandteil der Ausbildung bei Flick Gocke Schaumburg.
Wissenschaftliche Mitarbeiter und Referendare sind grundsätzlich klar einem Partner zugeordnet und werden „eng am Fall ausgebildet“, wie Nießen formuliert. Die Kanzlei sei deshalb nicht nur an einzelnen Stationen der Nachwuchsjuristen interessiert, sondern versuche sich möglichst über einen längeren Zeitraum ein Bild von den Kandidaten zu machen. Viele starteten nach dem ersten Examen zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiter, um später ihr Referendariat oder einige Stationen davon in der Kanzlei zu absolvieren. „Zunächst legen wir dabei den Schwerpunkt der Ausbildung auf die Kerngebiete“, sagt der FGS-Partner. Nach einem Jahr seien die meisten Kandidaten dann „auf Betriebstemperatur“, um sich auch auf andere Rechtsgebiete vorzuwagen. Vieles läuft dabei über „training on the job“ und erfahrungsgemäß werde aus „vielen Wissensinseln irgendwann Land“, sagt der Arbeitsrechtsexperte.
Daneben bietet die Kanzlei regelmäßige Arbeitskreise für den fachlichen Austausch, Seminarangebote und Experten-Workshops an der hauseigenen „FGS Academy“. Ferner kümmern sich FGS-Partner schwerpunktmäßig um die Nachwuchs- Rekrutierung an Unis, Messen oder das hauseigene „Keep in touch“-Programm, ein Karrierenetzwerk, das ehemalige Referendare, Praktikanten und wissenschaftliche Mitarbeiter in Kontakt mit den Mitarbeitern hält. Bei seinen Bewerbern achtet Nießen neben den bei FGS zwingend vorausgesetzten Prädikatsexamina auch auf interessante Stationen im Lebenslauf (gerne im Ausland) oder Zusatzausbildungen. Ob die Chemie dann stimmt und der Charakter zu Flick Gocke Schaumburg passt, stelle sich dann meist schnell im Vorstellungsgespräch heraus.
Vielseitig
Referendarin Sarah Hempelmann berichtet.
Für ihr trainingsintensives Hobby, den Triathlon, hat Sarah Hempelmann im Moment nur noch wenig Zeit. Da können die nur einen Steinwurf von ihrem Arbeitsplatz bei Flick Gocke Schaumburg entfernt liegenden Wiesen und Hügel noch so einladend locken. Und auch für die Band und Orchester, wo sie früher gern und oft Klarinette und Saxophon spielte, fehlt jetzt oft die Zeit.Weit häufiger als über Notenblätter streift der Blick der 28-jährigen Referendarin derzeit über den leicht begrünten Innenhof der Kanzlei, der sich unter die bodentiefen Fenster der Bibliothek kauert. Dann wälzt sie gerade im Auftrag eines Associates oder Partners Kommentare, wertet Urteile aus oder feilt an den Argumenten und Formulierungen für Schriftstücke, Memos oder Klageerwiderungen. Sie arbeitet im sieben Köpfe zählenden Arbeitsrechts-Team von Partner Tobias Nießen. Chemie und Vita passten. Sarah Hempelmann, die im Oktober 2014 zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei FGS begann, um dann nahtlos ins Referendariat überzugehen, hat nicht nur ein „gut“ unter dem ersten Examen stehen. Nach einem FH-Studium in Bad Münstereifel, stellte sie schnell fest, dass ihr der Job als Rechtspflegerin auf Dauer nicht spannend genug sein würde und sattelte noch Jura auf.
Sie habe einen „tiefen Einblick ins Arbeitsrecht“ bekommen wollen, weil dies ihr Schwerpunkt an der Uni war. Also bewarb sie sich in Bonn bei FGS. „Was ich hier gut finde, ist der hohe wissenschaftliche Anspruch“, erzählt Sarah Hempelmann. Sie hat sich bewusst gegen ein Referendariat in einer kleineren Kanzlei entschieden. „Praxisnähe und Examensrelevanz mögen dort im Einzelfall größer sein“, argumentiert sie, „aber der wissenschaftliche und inhaltliche Anspruch ist bei FGS viel höher und man arbeitet nicht einfach nur eine Akte nach der anderen weg.“ Und warum gerade Arbeitsrecht? „Weil es im Grunde jeden betrifft“, sagt Sarah Hempelmann, „es ist sehr plastisch, konkret, nicht abstrakt.“ Zudem gebe es zahlreiche Verknüpfungen zu anderen Rechtsgebieten, etwa dem Gesellschaftsrecht, dem Sozialversicherungsrecht oder auch zum Thema Steuern, das bei FGS eine besonders große Rolle spielt. Die Referendarin arbeitet mehreren Anwälten zu, klärt etwa Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Umstrukturierungen von Unternehmen, grenzt für international tätige Mandanten illegale Arbeitnehmerüberlassungen von Selbstständigkeit und Werkvertragsverhältnissen ab oder sucht in der Datenbank nach relevanten Urteilen zu Betriebsübergängen nach § 613 a BGB. Ihre Arbeitsergebnisse liefert sie persönlich oder per Mail zu. Parallel bereitet sie sich auf das zweite Staatsexamen vor. Ein bis zweimal pro Woche besucht sie den von Muttersprachlern in der Kanzlei kostenfrei angebotenen Sprachkurs für Business-Englisch. Entgegen den Warnungen vieler Kommilitonen, hätten sich die oft gezeichneten Schreckensbilder zum Stichwort Großkanzlei in ihrem Fall nicht bewahrheitet, im Gegenteil. „Bis 22 Uhr wird hier in der Regel nicht gearbeitet.“ Mit Blick auf ihre weiteren beruflichen Ziele ist Sarah Hempelmann noch hin und hergerissen: „Weil ich aus dem öffentlichen Dienst komme, wollte ich bislang eigentlich wieder dahin zurück“, sagt sie.
Mittlerweile könne sie sich aber auch gut vorstellen „hier bei FGS oder in einer anderen Kanzlei ähnlicher Größe als Anwältin zu arbeiten.“ Allerdings, so führt sie weiter aus, sei „nur Karriere sicherlich nicht das, was ich für mich möchte“. So spiele auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für sie eine wichtige Rolle bei der Auswahl des Arbeitgebers. Bei FGS ist diese dank der Möglichkeit, sämtliche Karrierestufen – inklusive der Partnerschaft – auch in Teilzeit zu erreichen, grundsätzlich möglich. Die Kanzlei arbeitet zudem mit einem bundesweit tätigen Familienservice zusammen, der Kita-Plätze für Kinder von Mitarbeitern vermittelt und auch kurzfristige Notfallsituationen abfedern hilft. Bei einem Mandantengespräch war Sarah Hempelmann bislang noch nicht mit dabei, aber es liegen ja auch noch neun Monate Referendarzeit vor ihr.