Rechtsanwalt Markus Hartung als Moderator machte gleich zu Beginn deutlich: Anwältinnen und Anwälte, ebenso wie Richterinnen und Richter bemühten sich selbstverständlich darum, Fehler zu vermeiden. Aber was, wenn doch etwas schieflaufe? Und was könne man von der jeweils anderen Berufsgruppe lernen?
Bei der Frage nach der Art und Weise, wie man mit Fehlern umgehe, müsse man zwischen eigenen Fehlern und dem Umgang mit Fehlern anderer unterscheiden, antwortete Prof. Dr. Hans-Jürgen Hellwig in seinem Kurzvortrag. Gute anwaltliche Tätigkeit zeichne sich dadurch aus, dass sie Strategien zur Fehlervermeidung vorsehe, sagte der Rechtsanwalt. Das Thema Fehlerkultur sei immens wichtig, gleichzeitig aber in der Öffentlichkeit schwer vermittelbar, so Hellwig. Momentan herrsche eine Kultur des „naming and shaming“, die es zu ändern gelte. Rechtsanwalt Hartmut Kilger ergänzte mit praktischen Tipps: Für eigene Haftungsfälle rate er Anwältinnen und Anwälten, sich bereits vorher Strategien zu überlegen und die Fälle an Kollegen abzugeben – der Anwalt sei in eigener Sache befangen und verhalte sich dann häufig wie ein „Esel“. Aus eigener Erfahrung zeigte sich Kilger davon überzeugt, dass das Zugeben eines Fehlers das Vertrauen zum Mandanten stärke, nicht schwäche. Hier gelte es, die eigene Selbstgerechtigkeit zu überwinden. Richterin Andrea Titz, Direktorin am AG Wolfratshausen, verwies auf zwei Besonderheiten in ihrem Beruf: Richterinnen und Richter seien vom Gesetzgeber mit großer Macht und Unabhängigkeit ausgestattet worden, die sie gleichzeitig verpflichteten. Richterliche Fehler würden in der Öffentlichkeit oft als sog. „Justizskandale“ rezipiert, dabei handele es sich in vielen Fällen um enttäuschte Erwartungen.
Denn eine objektive Richtigkeit gebe es eigentlich nicht. Eine Abänderung von Entscheidungen durch höhere Instanzen bedeute nicht per se, dass die Vorinstanz falsch entschieden habe. Wichtig für eine Fehlerkultur seien Reflexion, Fortbildung und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsethos. Auch Richterin am Finanzgericht Greifswald, Dr. Anne Lipsky, bekräftigte, dass es für die Justiz schwer zu definieren sei, was eindeutig richtig oder falsch sei. Oft seien eben verschiedene Entscheidungen möglich. Erforderlich sei eine Kultur der Super- und Intervision, die sich langsam entwickle, aber noch ausbaufähig sei. Auch das Publikum bestätigte: Es liege im Interesse aller Beteiligten, um Verständnis für mehrere richtige Lösungen in der Öffentlichkeit zu werben und so das Vertrauen in die Justiz zu stärken.
Einig waren sich die Referentinnen und Referenten darüber, dass der Schlüssel zu einer funktionierenden Fehlerkultur in der Kommunikation und im gegenseitigen Zuhören liege, sei es zwischen Anwalt und Mandant, innerhalb der eigenen Berufsgruppe oder im Dialog zwischen Anwalt und Richter. Ein echter Austausch zwischen den Disziplinen eben – die Veranstaltung kann als Beispiel dafür vorausgehen.
Ein Mitglied aus dem DAV-Ausschuss Anwaltsethik und Anwaltskultur gibt seine ganz persönliche Antwort. Wenn Sie es anders sehen: Schreiben Sie dem Ausschuss. Antworten werden im Anwaltsblatt veröffentlicht.