I. Kann ich das beA nicht einfach ignorieren?
Die Frage kann man sich stellen, solange Kommunikation mit den Gerichten und weiteren Beteiligten noch auf anderen Wegen funktioniert. Eine aktive Nutzungspflicht gibt es zwar erst ab dem 1.1.2022. Die Pflicht, ein empfangsbereites beA vorzuhalten, besteht aber eigentlich schon seit dem 1.1.2018 (§ 31 a Abs. 6 BRAO), jedenfalls aber seit der Wiederinbetriebnahme des Systems am 3.9.2018. Der eine oder andere neigt nun vielleicht dazu, das auszusitzen und eine Ermahnung durch die Rechtsanwaltskammer zu riskieren. Haftungsrechtlich ist die fehlende Erstregistrierung aber nicht ungefährlich: Es kann trotz fehlender Erstregistrierung bereits Post mit nachteiligen Folgen bei fehlender Kenntnisnahme eingehen.
II. Tägliche Postdurchsicht auch beim beA
Ob mit oder ohne Erstregistrierung: Für das beA gilt das, was auch bisher für Briefkasten, Fax und E-Mail-Postfach galt: Jeder Anwalt ist verpflichtet, täglich seine Eingangspost daraufhin durchzusehen, ob etwas zu veranlassen ist, insbesondere, ob Fristen ausgelöst werden (KG, Beschl. v. 6.1.2005 – 16 UF 114/04). Im Abwesenheitsfall muss ein anderer Kollege bestimmt sein, der die Postdurchsicht vornimmt. Er muss dann insbesondere auch Einsicht in das E-Mail-Postfach des Vertretenen erhalten. Wie kann man das beim beA im Abwesenheitsfall bewerkstelligen? Ein „Kanzlei-beA“ gibt es (trotz entsprechender Forderungen) nicht (auch nicht für RAGmbHs, AnwGH Berlin, Urt. v. 9.8.2018 – I AGH 10/17). Man muss daher Berechtigungen für das eigene beA an Dritte erteilen. Das funktioniert sowohl für Anwaltskollegen, die selbst Inhaber eines Postfachs sind, als auch für Mitarbeiter. Diese bekommen zwar kein eigenes Postfach, aber eine beAKarte. Eine dauerhafte Berechtigung für Dritte ist – auch als Vorsichtsmaßnahme für unvorhersehbare Abwesenheiten, z. B. durch Erkrankung – dringend anzuraten. Die Rechtsprechung verlangt einen „Notfallplan“ (siehe zum Beispiel BGH VersR 2018, 1085). Das sollte insbesondere auch für den Einzelanwalt ohne Mitarbeiter gelten! „Gelegenheitsanwälte“ können es sich etwas leichter machen, indem sie sich auf einer hinterlegten E-Mail-Adresse von etwaigen Posteingängen im beA benachrichtigen lassen.
III. Was tun mit dem Posteingang?
1. Fristen erkennen, berechnen, notieren
Auch für Posteingänge im beA gilt: Es muss festgestellt werden, ob eine Frist ausgelöst wird, diese muss berechnet und im Fristenkalender notiert werden. Diese Aufgaben dürfen unter den bekannten Voraussetzungen delegiert werden, die gut ausgebildeten und langjährig zuverlässigen Rechtsanwaltsfachangestellten dürfen Standardfristen eigenständig berechnen und notieren. Dass die Notierung im Kalender erfolgt ist, muss der Anwalt anhand eines entsprechenden Vermerks auf dem Posteingang in der Akte kontrollieren (zuletzt BGH NJW-RR 2018, 58). In der Akte?
2. Der Posteingang muss unverändert in die Akte
Ganz wichtig: Das beA ersetzt nicht die (elektronische) Akte! Zu jedem Mandat muss es eine eigene, mit Aktenzeichen versehene Akte geben. Das beA verfügt ausdrücklich über keine Archivierungsfunktion, Posteingänge werden nach einem gewissen Zeitraum gelöscht. Sinnvoller Weise sollte also direkt bei der Posteingangskontrolle jedes Schriftstück sofort in die zugehörige Akte exportiert werden. Dort kann dann die Fristnotierung auf dem Posteingang vermerkt werden, so dass dem Anwalt wie bisher – digital wie analog – die notwendige Kontrolle möglich ist (BGH NJW 2014, 3102). Wichtig: Beim Export muss das digitale Format der Nachricht erhalten bleiben. Nur dann hat sie Beweiswert in Bezug auf Sender, Empfänger und Zeitpunkt der Übermittlung.
3. Besondere Pflichten anlässlich der Zustellung